Sonntag, 30. Oktober 2011

Asoziale Zecken Babelsberg


Gestern Samstag heftete ich mich an die Fersen asozialer Babelsberger Zecken. Die Hertha und Union hatten mich bislang ja nur ausgesprochen mässig begeistern können und so kam die Gelegenheit eines Fussball-Spiels der Dritten Liga gerade richtig.

In Babelsberg, einem malerischen Ort zwischen Berlin und Potsdam und bereits auf Boden des Bundeslandes Brandenburg gelegen, ist der FC St. Pauli des Ostens beheimatet: der SV Babelsberg 03. Das herrliche Stadion liegt am Rande alter Arbeitersiedlungen und lässt von der guten alten Zeit des Fussballsports als Freizeitbeschäftigung des Proletariats träumen.


Das passt also insofern ganz wunderbar zur linksalternativ gefärbten Zuschauergemeinde, deren Anwesenheit sich gemäss der Berliner Zeitung taz eigentlich ganz einfach erklären lässt: "Potsdamer Hausbesetzer waren in den 90er Jahren auf der Suche nach einem Verein zum Zuschauen. Sie fanden ihn im SV Babelsberg 03 (...)."

Ich fand zwar keinen Potsdamer Hausbesetzer, dafür den Gabberhead R. J. aus Rotterdam (siehe Porträt), der immerzu etwas von "Speed umsonst" labberte, sowie den Headbanger C. S. aus Hessen. Die Jungs soffen schon im Zug Sterni aus der Flasch und ich musste mitmachen um mich zu integrieren. Wollte ja nicht als Weichei auffliegen.


Das Spiel vor zirka 2'800 Zecken war ein klassischer Ground-Hopping Genuss: Wunderbares Geplänkel im Mittelfeld, wenig zwingende Dominanz der Gästemannschaft aus Osnabrück... und plötzlich aus dem Nichts das skurrile 1:0 für die Hausherren. Die Osnabrücker, vermutlich Aufstiegskandidaten, erzielten jedoch recht bald den wohl unvermeidlichen Ausgleich. Es sah düster aus für den Fünftletzten. Doch wenige Minuten vor dem Ende erzielte Starstürmer Markus Müller den herrlichen Siegtreffer. 2:1, Bier her und jubeln!



R. J. war nun euphorisch wie am Weihnachtsabend auf einem holländischen Gabberrave mit Freispeed. Er will mich fortan zusammenfalten und als Glücksbringer in einem Koffer mit an die Heimspiele nehmen. Kreative Zerstörung würde Schumpeter jetzt nuscheln. Nüchtern fuhren wir mit der S zurück ins grosse Berlin.


P.S. Babelsberg hat vor ein paar Tagen den Schweizer Zlatko Hebib verpflichtet. Ich glaube, ich habe nach über zwei Jahren endlich mein Team gefunden.