Gestern erwarb ich einen weiteren Länderpunkt in meiner wichtigsten Buchhaltung: dem Fussball. Es ging mir allerdings nicht nur um den prestigeträchtigen Länderpunkt, sondern auch um eine authentische Moskau-Erfahrung: Live-Fussball bei strengen Minustemperaturen!
Gespielt hat mein favorisierter russischer Klub (ZSKA Moskau) gegen den Champions-League Sieger von 2004 - den FC Porto. ZSKA mag ich u. a. deshalb besonders, weil ein gewisser Herr Doumbia für den Zentralen Sport Klub der Armee Moskau stürmt. Seydou Doumbia hat seine zwei Spielzeiten bei den Young Boys Bern zweimal als Topscorer der Liga abgeschlossen und ist danach in die russische Hauptstadt gewechselt. Ferner dürfte den Fussballinteressierten ebenfalls interessieren, dass der sympathische Chelsea-Boss Roman Abramovitch ebenfalls hinter ZSKA Moskau stand...
Heute stehen im Kader der Moskauer neben Doumbia auch so klangvolle Namen wie Vagner Love, Keisuke Honda und der russische Nationaltorwart Igor Afinfeev. Zudem zieht im offensiven Mittelfeld der junge Alan Dzagoev die Fäden, ein Spieler, von dem man noch mehr hören dürfte in Zukunft!
Spielen tun die Rotblauen im Luzhniki-Stadion, der monumentalen Hauptspielstätte der Olympischen Sommerspiele 1980. Im früheren 'Zentralstadion Lenin' und Austragungsort des Finales der Fussball-WM 2018 kommen heute zirka 80'000 Menschen unter. Nicht überraschend ist jedoch die Tatsache, dass das Stadion bei ZSKA-Spielen eher selten voll besetzt ist, um es schüchtern auszudrücken. So auch beim Spiel gestern gegen den FC Porto. Ein Grossteil des Stadions wurde für die Zuschauer gar nicht erst geöffnet:
Das Spiel selbst war dann leider auch relativ unspektakulär, nicht zuletzt auch wegen des Schlussresultats von 0:1. ZSKA hatte zwar flott begonnen, Dzagoev spielte einige Zuckerpässe und Doumbia vermasselte ein paar Torchancen. Doch mit der Zeit übernahm Porto immer mehr die Spielkontrolle; man sah den Portugiesen an, dass sie in der heimischen Liga in bisher 22 Spielen noch keine einzige Niederlage wegstecken mussten. Der neue Mourinho - André Villas-Boas - macht offensichtlich hervorragende Arbeit. Trotzdem wussten sich die Fans warm zu halten:
Übrigens: Der Frauenanteil unter den Zuschauern scheint in Moskau deutlich tiefer zu sein als zum Beispiel bei den modischen Young Boys oder in Mailand. Hier sind, so seltsam es klingen mag, die Rollen zwischen Männern und Frauen noch klarer getrennt. Eine russische Frau, die keine Slim-Zigaretten sondern normale Zigaretten raucht, habe ich bis jetzt beispielsweise auch noch nicht gesehen. Pelz gilt auch nicht als verwerflich sondern als Muss. Es ist spannend, wie aus west-europäischer Sicht möglicherweise veraltete Normen auf hypermoderne Globalisierungskultur trifft. Eurasien halt. Oder so.