Dienstag, 23. August 2011

Stadterweiterung: Westside Bern (Part 1)


So sieht Stadterweiterung in Bern aus. Da kommt Freude auf.

In der zweiten Hälfte der Nullerjahre begann am westlichen Stadtrand von Bern auf grüner Wiese der Bau eines neuen Quartiers. Wie wir ja inzwischen wissen, kommen solche Entwicklungen heutzutage kaum noch ohne Landmarken aus. Erst recht nicht in der Provinz – räusper: der Hauptstadtregion der Schweiz –, die sich natürlich auch positionieren will auf der nationalen oder von mir aus sogar internationalen Standortkarte. So sieht, wer im Auto von Westen die Hauptstadt der Schweiz erreicht, fortan folgende Wand.

Quelle: Panoramio

Diese Kante gehört zum Einkaufs- und Freizeitzentrum Westside, welches 2008 in Bern-Brünnen als lokaler Ausgangspunkt und unter der Leitung des vielleicht zu Unrecht als ‚dekonstruktivistisch’ bezeichneten Starchitekten Daniel Liebeskind eröffnete. Es enthält u. a. nicht nur die üblichen, hier allerdings vornehmlich aus dem höheren Segment stammenden Einkaufsmöglichkeiten, sondern auch ein Multiplex-Kino, ein Hotel, eine Seniorenresidenz sowie ein Fitnesszentrum und ein Erlebnis- oder Wellnessbad. Bei letzterem stürzten im April 2011 – also etwa drei Jahre nach Inbetriebnahme – Teile des Dachs herunter. Ein veritabler GAU für ein Landmark; glücklicherweise gab es keine Todesfälle.

Nichtsdestotrotz gefällt mir die Architektur des Gebäudes mit seinen gnadenlosen Winkeln, dem puristischen Weiß innen sowie der kontrastreichen Kombination von unterschiedlichen Oberflächenmaterialien aussen sehr gut. Dies gilt umso mehr, wenn ich an die Mehrzahl der mir bekannten Einkaufszentren denke (z. B. Field’s im neuen Kopenhagener Stadtteil Orestad). Auf der anderen Seite sagt die Tatsache, dass in den letzten Jahren zunehmend auch Einkaufszentren architektonisch-ästhetisch hochwertig gebaut werden, wohl auch einiges über unser Zeitalter aus. Welche westeuropäische Stadt baut heute noch aufsehenerregende Kirchen? Hohe Beachtung kriegen doch meistens vielmehr Tempel des Konsums und Zentralen unternehmerischer Macht. Ich behaupte allerdings nicht, dass mir das eine lieber ist als das andere. Die Apostel mögen in Ordnung sein. Aber ob ein schändlicher Manager mehr Unheil über die Welt bringt als ein ebensolches Kirchenoberhaupt sollen andere entscheiden. Ich will hier nicht zu tief schürfen, es geht schliesslich nur um Stadterweiterung; etwas fürs einfachere Gemüt.


Flankiert wird Westside übrigens von diversen Wohnüberbauungen. Hierzu mehr in einem zweiten Blogpost, der - so Gott will (man beachte die Analogie zu oben, und das um 22.46 Uhr an einem hundskommunen Dienstag) - in Bälde nachfolgen wird. Amen die Damen.