Gestern Samstag war ich, ganz Mode- und Schönwetterfan, endlich wieder bei einem Spiel des SV Babelsberg 03. Leider gibt es über das Spielgeschehen kaum etwas zu berichten. Ich kann mich, ehrlich gesagt, an keine einzige gefährliche Torchance der Gastgeber erinnern und auch der Spielaufbau hatte im wahrsten Sinn des Wortes Sand im Getriebe; 3. Liga Glamour. Die Gäste aus Chemnitz wiederum verzeichneten immerhin einen Lattenschuss. Zu mehr reichte es aber, erfreulicherweise, auch ihnen nicht. Wer nun 1 und 1 zusammenzählt weiß, dass daraus 0 und 0 resultiert. Herrlich logisch, nicht wahr?
Interessanter war es auf den Rängen. Diese Globalisierung ist einfach bemerkenswert: sie erreicht heutzutage - Vladimir Putin mag es immer noch nicht glauben - nicht nur russische Städte und Steppen (Gott segne sie!), sondern auch die Niederungen des europäischen Fussballs. Auf der Babelsberger Nordkurve hört der gepflegte Biertrinker die folgenden Sprachen gegrölt: Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch und, ohne Kohl, Deutsch! Und ich spreche nicht von den Sprachen der Zuschauer, die sprechen meines Ermessens alle Deutsch oder eine dieser Sprache verwandte Ausdrucksweise. Ich spreche von den Chorälen der Fans.
Aber eben, die Kurven werden ja auch kaum mehr von Kutten dominiert. Die sucht man im 152. Todesjahr meines geliebten Schopenhauers vielerorts vergeblich. Heute stehen nach Italien schielende Ultras neben von England inspirierten Casuals, Hools und Fools. Und mittendrin: die von Südamerika träumenden Pazifisten und Antifaschisten. Nur eins erklärt sich mir einfach nicht auf Anhieb: weshalb um Himmels Willen Französisch? Ist es die Revolution? Ist es vielleicht die Liebe zum französischen Duschen? Oder gar die Hoffnung auf Francois Hollande, der, ich kann es kaum fassen, nur noch halb so schwer ist wie damals, als er noch mit Ségolène verheiratet war. Und noch was: warum kein Russisch? Ist das vielleicht auf der Ostkurve en vogue? Davai 03! Und beim nächsten Mal sollte ich vielleicht auch ein Berner Lied anstimmen.
Aus den Stadien in Italien oder England oder Russland kenne ich diesen babylonischen Sprachenknäuel nicht. Dort singt man, wenn ich mich nicht irre in meinen greisen Tagen, einfach in der Landessprache. C'est tout. Ich kenne das sonst nur aus der Schweiz, und dort fand ich es verständlich weil wir so ein kleines und daher oftmals auch nach außen orientiertes Land sind. Wir müssen uns Inspirationen quasi aus dem Ausland holen, oder sie werden durch Immigration zu uns gebracht, v. a. aus Italien. Aber warum singt Babelsberg in fünf Sprachen? Wie dem auch sei, gestern gegen Chemnitz war diese kosmopolitische Kurve auf jeden Fall besonders wohltuend. Und dann hing dort im Westen auch noch ein Banner der Bulldogs vom GCZ. Oje.
Leider habe ich keine Fotos. Das Spiel war wie gesagt nüscht. Aber die teilweise herrlichen Leute hätte ich gerne fotografiert. Habe mich aber nicht getraut und deshalb gibt es jetzt fünf zufällige Fotos und drei göttliche Listen.
Drei Mixes die ich gerade höre: Bossa Nova and beyond from Brazil, Soft Rock und Yachtness aus den USA sowie Bass Musik von der Insel.
Drei Tumblrs: Substance, Minimal Me und Newy-rk.
Zur Förderung hypnagogischer Erfahrungen oder zum Spliff oder so, mir egal: Grouper, Big Deal, Washed Out.