Ich arbeite kontinuierlich an meinem kometenhaften Aufstieg in das Epizentrum des Bildungsbürgertums. Zur Beschleunigung dieses Prozesses habe ich mir diese Woche nun doch die sogenannte ClassicCard gekauft. Dabei handelt es sich um eine Mitgliedskarte, mit welcher man für lächerliche 15 Euro Jahresgebühr die besten verfügbaren Plätze bei nicht ausverkauften Veranstaltungen der Berliner Hochkultur buchen kann. Bedingungen: Alter unter 30 Jahren und nur Abendkasse eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung.
Gestern Abend haben wir dieses neue Dienstleistungsprodukt bei Schumann, Berg und Ravel erfolgreich getestet. Für sagenhafte 8 Euro (Normalpreis für Verlierer: 44 Euro) setzten wir uns im Kern der Bourgeoise nieder. Meine dunklen Jeans bewirkten bei meiner Sitznachbarin nach einem strengen und prüfenden Blick einen Anflug der Empörung. Diese wurde jedoch erst richtig belastend, als ich ihr mein Ticket zeigte - jetzt kriegt das Lumpenproletariat also schon Ermässigung am Hof von Berlin:
Selbstverständlich wird der Bürger von Welt alleine durch den Genuss klassischer Musik nicht glücklich. Mit anderen Worten: Bildung ist nicht alles. Deshalb verzichte ich auch jetzt nicht auf geradlinigen Techno. Vorhin beim Backen eines herbstlichen Gemüsekuchens half mir beispielsweise ein sehr schöner Mix von Eric Cloutier über die Runden, erschienen in der Reihe Promomixes. Das Konzept dieser Serie ist, dass verschiedene DJs sich mit einem Mix fiktive (!) um Zutritt zu einem bestimmten Club in einer bestimmten Zeit bewerben. Eric Cloutier hat deshalb einen Mix abgeliefert, mit welchem er 1998 gerne den legendären Berliner Club Tresor beschallt hätte. Eine sehr schöne Idee, diese Promomixes! Meine Favoriten neben Cloutier sind der zweite und düstere Mix für den Tresor von Silent Servant (1998) sowie die Mixes von Roger 23 für das HD800 in Mannheim (1998) und von Matthew Styles für das Zanzibar in New Jersey (1993). Let'em take it away!