Urban Gardening ist derzeit in aller Munde. Kürzlich strahlte sogar das ZDF eine Diskussionssendung zum Thema aus. Und wenn alle schon darüber diskutiert haben - dann kommt noch der Berner. Ja, so sind wir: dynamisch und herrlich. Aber das ist eine altbekannte Tatsache, noch älter als Urban Gardening. Weil Urban Gardening aber wirklich etwas ist, was auch ein Berner erfunden haben könnte, möchte ich mich dem Thema doch auch noch widmen. Wie? Ich stellte meiner Freundin und urbanen Gartenexpertin (sie hat eine Masterarbeit zum Thema verfasst) fünf Fragen.
1) Wie unterscheidet sich urbanes Gärtnern von den bekannten Schrebergärten und vom berüchtigten Guerilla Gardening?
Ich
verstehe urbanes Gärtnern als Sammelbegriff für die verschiedenen Formen
gärtnerischer Aktivitäten in der Stadt. Die Kleingärten einerseits entstanden
um die Jahrhundertwende und unterscheiden sich von den urbanen
Gemeinschaftsgärten m. E. vor allem durch ihr Verhältnis zur Stadt: Sie waren
schon immer – und sind es heute noch – kleine Fluchten aus der Stadt. Im
Gegensatz dazu verstehen sich die Gemeinschaftsgärten andererseits klar als
einen Teil der Stadt und sind fast immer auch sehr politisch. In den
Gemeinschaftsgärten wird zudem großer Wert auf das Gemeinschaftliche gelegt. Was
jedoch nicht heißt, dass alle Beete gemeinschaftlich bearbeitet werden. Es wird
zusammen gegärtnert, geerntet, gefeiert, gekocht oder für bestimmte Anliegen
gekämpft. In den Kleingärten ist dies tendenziell weniger der Fall, da dort
jeder für seine eigene Parzelle verantwortlich ist. Allerdings findet in den
Kleingärten momentan ein Generationenwechsel statt, der das bisweilen biedere
Image dieser Gartenform möglicherweise etwas aufbrechen wird. Guerilla
Gardening ist wiederum die anarchistische Form urbanen Gärtnerns. Dabei werden,
meist des Nachts, öffentliche Flächen oder private Brachen bepflanzt. Die
Motivationen der Guerilla Gardener sind dabei ganz unterschiedlich und reichen
von politischen bis zu ästhetischen Anliegen.
2) Was zeichnet die von dir untersuchten urbanen Gartenprojekte in Berlin aus?
Allen drei Gärten
ist gemeinsam, dass sie auf ihre Weise sehr politisch sind. Die einen verstehen
sich vor allem als Bildungsgarten, in dem die Menschen auf verschiedenen Ebenen
und in unterschiedlichen Bereichen sozusagen informell gebildet werden. Anderen
geht es eher um Nahrungssouveränität, die Erhaltung der Sorten- und
Artenvielfalt, den Kampf gegen Gentechnologie, die Bildung von sozialen
Netzwerken oder den Kampf für mehr qualitativ hochwertiges Grün in der Stadt.
Zwei der Projekte funktionieren, wie die meisten Gemeinschaftsgärten, auf
freiwilliger und unbezahlter Basis. Die Betreiber des dritten Gartens dagegen
haben das klare Ziel, dass im Garten auch Arbeitsplätze geschaffen werden
sollen. Um die nötigen finanziellen Mittel zu generieren werden hier Gemüse und
Kräuter verkauft und im Gartencafé gibt es Getränke, Kuchen und Mittag- sowie
Abendessen mit Zutaten aus dem Garten zu kaufen.
Unterschiede zwischen den Gärten sind auch in ihrem Erscheinungsbild auszumachen. Der ‚Prinzessinnengarten’ ist ein mobiler Garten, der jederzeit umziehen kann: Gemüse und Blumen werden in Bäckerkisten, Reissäcken oder Tetrapacks gepflanzt und nicht direkt in den Boden. Ähnlich ist es im ‚Allmende-Kontor’ auf dem Tempelhofer Feld: Hier ist der Boden vom ehemaligen Flugbetrieb so kontaminiert, dass man nicht direkt in den Boden pflanzen darf. Deshalb haben die Gärtnerinnen und Gärtner aus Holz, Badewannen, alten Schränken und Betten, Blumentöpfen, Waschschüsseln und vielem mehr Hochbeete gebaut. Der Garten ‚Ton, Steine, Gärten’ am Kreuzberger Mariannenplatz gleicht am ehesten einem wenn man so will normalen Garten. Auf den gut 1‘000 qm wurde der Boden vom Bezirksamt saniert, so dass auf dem öffentlichen Grundstück in den letzten Jahren ein schöner, dichter Garten entstehen konnte.
Unterschiede zwischen den Gärten sind auch in ihrem Erscheinungsbild auszumachen. Der ‚Prinzessinnengarten’ ist ein mobiler Garten, der jederzeit umziehen kann: Gemüse und Blumen werden in Bäckerkisten, Reissäcken oder Tetrapacks gepflanzt und nicht direkt in den Boden. Ähnlich ist es im ‚Allmende-Kontor’ auf dem Tempelhofer Feld: Hier ist der Boden vom ehemaligen Flugbetrieb so kontaminiert, dass man nicht direkt in den Boden pflanzen darf. Deshalb haben die Gärtnerinnen und Gärtner aus Holz, Badewannen, alten Schränken und Betten, Blumentöpfen, Waschschüsseln und vielem mehr Hochbeete gebaut. Der Garten ‚Ton, Steine, Gärten’ am Kreuzberger Mariannenplatz gleicht am ehesten einem wenn man so will normalen Garten. Auf den gut 1‘000 qm wurde der Boden vom Bezirksamt saniert, so dass auf dem öffentlichen Grundstück in den letzten Jahren ein schöner, dichter Garten entstehen konnte.
3) Was hast du über die Macher und Beteiligten dieser Gärten erfahren?
Die
InitiatorInnen sind meist sehr idealistische, politisch aktive und sehr
engagierte Menschen, denen das Wohl ihrer Mitmenschen am Herzen liegt. Es
handelt sich dabei um gut ausgebildete Leute, meist AkademkierInnen. Auch ein
guter Teil der Gärtenrinnen und Gärtner kann dieser Gruppe zugerechnet werden.
Allerdings hat jeder Garten – je nach Lage und inhaltlicher Ausrichtung – seine
ganz eigene Mischung an Leuten. Meistens sind viele junge Menschen beteiligt,
dafür scheint es aus unterschiedlichen Gründen schwierig zu sein, Migrantinnen
und Migranten in die Projekte einzubinden.
4) Inwiefern siehst du positive Effekte dieser Gärten auf Stadtviertel oder Städte?
Die Effekte von
urbanen Gemeinschaftsgärten auf Städte sind sehr vielfältig und oft nicht auf
den ersten Blick erkennbar. Sicherlich stärken sie den Zusammenhalt zwischen
den Menschen im Garten und schaffen einen Ort für Begegnungen, die im Alltag nicht
zustande kommen würden. Dadurch entsteht ein grösseres gegenseitiges
Verständnis, was gerade in Vierteln mit schwächerer Sozialstruktur zu lokaler Verbesserung
im Sinne eines gesteigerten Sozialkapitals beitragen kann. Durch die
Auseinandersetzungen mit den städtischen Behörden werden die Gärtnerinnen und
Gärtner überdies auch für städtische Verwaltungsprozesse sensibilisiert und
erhalten dadurch möglicherweise ein besseres Verständnis für die Funktionsweise
ihrer Stadt. Sie sehen, dass es möglich ist, auf eigene Faust ein Stück Stadt
zu gestalten und einen vormals grauen Ort in einen blühenden Garten zu
verwandeln. Das kann die Verwurzelung mit dem Stadtviertel erhöhen und die
Bildung einer lokalen Identität fördern; Stichwort bürgerschaftliches
Engagement. Auch wenn ein Garten nicht die ganze Stadt verändert, kann er doch
sicherlich positive Auswirkungen im Kleinen haben.
5) Warum denkst du sind urbane Gärten überhaupt ein Thema unserer Zeit?
Es gab grundsätzlich schon immer Gärten in der Stadt. Momentan scheinen sich viele Menschen zunehmend für ihre Umwelt aber auch für ihre Ernährung zu interessieren: Woher kommt mein Essen? Was ist gesund? Die Gemeinschaftsgärten bieten in diesem Kontext einen Ort, an dem über solche Themen diskutiert, wo aber auch praktisch gearbeitet und ausprobiert werden kann. Viele Leute suchen womöglich vermehrt nach Verwurzelung und innerer Ruhe. Gleichzeitig beobachtet die Trendforschung die Suche nach grösseren Freiräumen und Autonomie, aber auch eine Suche nach sinnlichen Erlebnissen. Es reicht einer wachsenden Zahl von Leuten nicht mehr, in den Supermarkt zu gehen und sich ein Produkt aus dem Regal zu nehmen. Sie wollen wissen wie etwas hergestellt wurde, welche sozialen und ökologischen Auswirkungen der Konsum hat. Diese Bedürfnisse können im Garten befriedigt werden. Bei all diesen Betrachtungen darf jedoch nicht vergessen werden, dass es sich bei diesen Leuten, wie bereits oben erwähnt, vor allem um ein gut ausgebildetes, oft akademisches Publikum handelt. Selbstverständlich gibt es auch Gärtnerinnen und Gärtner, die aus weniger gesicherten Hintergründen stammen und das Gärtnern sehr viel pragmatischer betrachten.