Montag, 30. November 2009

Eisern Union

Vergangene Woche war ich mit ein paar Kommilitonen mal wieder "beim Fusi". Ach war das schön! Montag Abend: Union gegen die Teufel aus Kaiserslautern im Stadion An der Alten Försterei in Berlin-Köpenik (J.W.D. = Jaaanz Weit Draussen). Das Stadion war voll, die 19'000 sorgten für wunderbare, feierliche Stimmung.

Das Spiel zu beschreiben scheint mir nicht die Essenz dessen zu sein, worum es hier eigentlich geht. Nein. Die Geschichte der Partie ist schnell erzählt: Union kämpfe - EISERN natürlich - verlor aber gegen technisch und taktisch überlegene Gäste aus der Pfalz am Ende eindeutig mit 0:2. Immerhin, für ein paar Torchancen hatte es auch gereicht. Aber ich will jetzt hier nicht alte Floskeln auspacken von wegen "Strafe dem Chancentod".

Viel interessanter ist der Verein selbst. Union gilt nämlich als grösster Sportverein (Mitgliederzahlen) auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Dies macht den Braten allerdings noch nicht "feiss", nicht wahr? Eine schöne Geschichte ist jedoch freilich diejenige des kürzlichen Stadionumbaus: Die Fans, oder besser gesagt 2'000 freiwillge Helferfans, leisteten für die Renovationsarbeiten 140'000 unentgeltliche Arbeitsstunden! Wo gibt es sowas noch? Zudem wurde der Schwerpunkt auch nach den Renovationen auf die Stehplätze gesetzt, denn über 16'000 von 19'000 Plätzen werden "stehend" eingenommen. Kult in einem Stadionneubau! Dennoch: Union muss man selbst erlebt haben.

Ob die Mannschaft durch ihren Status und ihre Strategie besser und sportlich sowie ökonomisch konkurrenzfähiger wird ist jedoch zu bezweifeln. Gegen den zweiten "Kultverein" der 2. Bundesliga, den FC St. Pauli aus Hamburg, verlor man jedenfalls gestern Sonntag mit 3:0... So freue ich mich schon auf die Berliner Derbys nächste Saison in der 2. Bundesliga: Hertha gegen Union.

Dat is Musik, eisern Union!

Montag, 23. November 2009

Grimm und Brahms

Lernen, Lernen und ja, Lernen, dies war meine Hauptbeschäftigung am vergangenen Wochenende. Wir müssen nächste Woche an der Uni vier Stunden moderieren. Das Thema der Sitzung wird stadtsoziologischer und - natürlich - stadtgeographischer Natur sein. Grundlage der ganzen Veranstaltung ist ein Buch, welches wir für diese Moderation lesen: "Der Fremde und die Ordnung der Räume" von Jan Wehrheim. Wer sich einmal ein klareres Bild davon machen möchte, was wir im Studium lesen, kann sich gerne mit diesem Werk auseinandersetzen...

Doch weshalb erzähle ich das eigentlich? Für die Lektüre zog ich mich in die soeben eröffnete neue Hauptbibliothek der HU zurück. So liessen sich architektonische Betrachtungen bestens mit Studienlektüre verbinden. Das erste Fazit fällt eindeutig zweideutig aus: Die Bibliothek respektive das Gebäude beeindruckt mich durch eine wunderbar ästhetische und klare Formensprache. Dies gilt insbesondere natürlich für den auf dem Bild weiter unten sichtbaren Lesesaal! Ein sensationeller Raum. Die Arbeitsplätze sind hell und der Kopf ist aufgrund der Grösse und Leere des Raumes angenehm frei. Unglücklicherweise befinden sich jedoch unmittelbar hinter den Leseplätzen Räume für Gruppenarbeiten. Da diese Räume, damit auch sie lichtdurchflutet sind, hauptsächlich durch Glas abgetrennt sind, kann der Lärmpegel leider zwischenzeitlich störende Dimensionen erreichen. Insbesondere wenn man in die Lektüre von Wehrheim vertieft sein sollte, nicht wahr?

Wie dem auch sei. Die Currywurst in der internen Cafeteria war wiederum ein Genuss. Dies umso mehr deshalb, weil ich immer noch entzückt bin über die tiefen Preise hier: 1.50 kostet die Wurst mit selbstgemachter, sehr leckerer Currysauce. Heavenly.

Auf der anderen Seite - ob gut oder schlecht - scheint mir die Grimm-Bibliothek in gewisser Weise ein elitärer Ort zu sein. Schon der Unidirektor nannte sie eine "Schatzkiste für Bücher", was natürlich positiv klingen soll. Man könnte die Bibliothek jedoch auch einen "Tresor für Bücher" nennen. Denn, und jetzt bediene ich mich des oben genannten Textes von Wehrheim, Architektur und Gestaltung von Räumen können Nutzungen unterstützen oder unterminieren sowie Assoziationen von Offenheit oder Geschlossenheit (!) erlauben. Materialien, Farben und Oberflächenstrukturen können sowas wie soziale Höhenlagen eines Raum bestimmen und das Anspruchsniveau der Umgebung bestimmen.

Aus dieser Perspektive betrachtet macht die Grimm-Bibliothek auch deutlich, welchen sozialen Gruppen der Ort dienen soll: den Bildungsbürgern. Für Menschen mit weniger Zugang zu Bildung wirkt der Bau von Max Dudler jedoch wahrscheinlich wie eine uneinnehmbare Festung, in welcher sie ohnehin nicht willkommen wären. Mit anderen Worten (ich muss Schluss machen!): Die Ästhetik des Gebäudes ist gleichzeitig für die Einen anziehend und überwältigend sowie furchteinflössend und abweisend für die Anderen.

Quelle: ddp

Abends gingen wir dann spontan in die Berliner Philharmonie, wo wir eine wunderbare Interpretation des "deutschen Requiems" von Johannes Brahms zu hören kriegten. Und da unsere WG-Mitbewohnerin an der Universität der Künste studiert und deshalb nützliche Beziehungen hat, kostete der Spass auch nicht mehr als 10 Euro. Herrlich! Heute Montag ist nun jedoch Zeit, die "soziale Szene" wieder zu wechseln. Wo könnte dies besser gelingen als beim Fussballspiel Union Berlin gegen Kaiserslautern?

Mittwoch, 18. November 2009

Plattenland

Gestern habe ich mich mit Varianzanalyse und verwandtem Firlefanz beschäftigt. Nach einigen Stunden - optimistisch formuliert - begann sich über meinem Kopf eine gräuliche Rauchwolke zu entwickeln. Gleichzeitig fühlte ich in meinem schlaffen Haupt eine unangenehm aufsteigende Hitze. Als ich dann vor den Spiegel trat, das Böse in Erwartung, begegnete mir eine Gesichtsröte, die in ihrer Intensität an das Rote in der japanischen Nationalflagge erinnerte. Jetzt wusste ich: Raus hier!

Spontan entschied ich mich zu einem ostalgischen Ausflug. Das Wetter war mies, der Kopf heiss - ich brauchte Symmetrie fürs Auge und Abkühlung fürs Gemüt. Was lag also näher als ein Sven Weisemann Mix im Ohr und eine Fahrt nach Berlin-Marzahn? Schon lange wollte ich unbedingt mit der S-Bahn gen Osten fahren, hinein in eine sozialistische Stadtstruktur mit endlosen Platten am grauen Horizont.

Die Gegend war genau so wie ich sie mir in meinen kühnsten Träumen vorgestellt hatte. Vor dem Fenster der S-Bahn tauchten ganze Armeen von 11-stöckigen Platten hervor, dazwischen brache Wiesen und das herrlich brutale 'Eastgate'-Einkaufszentrum. Ein wunderbarer Gegenentwurf zum glamourösen 'Westside' in Bern. Übrigens: Eine Quelle, den Namen habe ich leider vergessen, hat geschrieben, dass der Leerstand der Wohnungen in Marzahn in den letzten Jahren immerhin von 17 auf zirka 7 Prozent gesunken sei. Nicht zuletzt aufgrund massiver Finanztransfers in die östlichen Aussenbezirke von Berlin wie ich anzunehmen geneigt bin.

Bei meinem Spaziergang sind dabei auch ein paar anonyme Fotos entstanden:





Montag, 16. November 2009

Sonntags im Berghain

Gestern Sonntag war ich in der Kathedrale des jungen Berlin - dem Berghain. Das Berghain ist der meines Erachtens wohl beste Club der Welt. Ich ass also zu Haue ein schönes Frühstück mit leckeren Brötchen und Kaffee und machte mich danach auf zum Berliner Gottesdienst. Als ich nach einer knappen halben Stude in der Warteschlange endlich im Hauptschiff des imposanten Sakralbaus ankam, verlas der Prediger - Len Faki genannt - seinen Jüngern immer noch eifrig die Leviten. Seit Jahren hatte ich sowas nicht mehr erlebt: Techno in Reinkultur! In diesem Moment stimmte einach alles, Musik und Architektur gingen eine perfekte Symbiose ein. Die Atmosphäre war in einem Moment befreiend, entzückend und irritierend zugleich - man wähnt sich in einer Paralellwelt. Draussen der normale Alltag, drinnen ein sagenhafter Mikrokosmos. Das Berghain könnte die Essenz des jungen, alternativen und subkulturellen Berlin sein. Und darüber noch vieles mehr...

Das Line-Up der Panorama Bar, dem wunderbaren Nebenschiff, als P.S.: 24:00 h – 04:00 h Nikola Baytala, 04:00 h – 08:00 h Lee Burridge, 08:00 h – 12:00, Danny Howells, 12:00 h – 14:00 h Cassy, 14:00 h – 20:00 h Ricardo Villalobos & Zip, 20:00 h – 22:00 h Cassy, 22:00 h – Ende Nikola Baytala... MADNESS!

Ein P.P.S.: Schon vor längerer Zeit erschien eine interessante Video-Dokumentation: Techno entwickelte sich im schwarzen Detroit (USA) der 1980er Jahre. Er basierte, plakativ und vereinfachend ausgedrückt, auf der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation dieser Stadt. Roboter ersetzten die Menschen in den grossen Autofirmen in Detroit. Die Zukunft war da. Sie war maschinell. Die Stadt befand sich im Niedergang. Der Film zeigt einige spannende Aspekte des Wandels von Detroit und steht somit in Zusammenhang mit Techno und seiner Entstehungsgeschichte. I LOVE TECHNO!

Detroit Wildlife from florent tillon on Vimeo.

Samstag, 14. November 2009

Someone to be proud of...

Junge, meine Gratulationen aus Berlin! Keep it going, relaxed fo shizzle my nizzle.

Berlin Calling!

Gestern war Filmabend. "Berlin Calling" ist eine empfehlenswerte Produktion - und sehr schön realitätsnah! Der Film zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben eines DJ in der elektronischen Musik- und Feierszene in Berlin. Paul Kalkbrenner, der Hauptdarsteller, spielt fast sich selbst (könnte man sagen), denn er ist auch "im richtigen Leben" DJ und Produzent hier in Berlin. Seit dem überraschenden Grosserfolg des Films kann man ihn ohne zu zögern einen Superstar-DJ nennen. Hier in Deutschland und auch in vielen anderen Ländern Europas füllt er ganze Hallen... Wer sich den Film anschauen möchte kann ihn bereits auf DVD kaufen oder mieten. Ich muss jetzt schluss machen, denn ich geh' jetzt mal noch 'n bisschen FEIERN!



Oh, eins muss ich noch anfügen. In einem meiner letzten Posts habe ich dem Mesel einen Mix empfohlen. Hier kommt nochmals ein Tip, nun ganz speziell dem lieben Philippe gewidmet. Der Mix - download it here mate - stammt von Margaret Dygas. Sie wohnt auch hier in Berlin und wir haben sie, wenn ich mich nicht irre, einmal gemeinsam an einer Cityfox in Zürich erlebt. Vor Jahren muss ich sagen... Schöne Musik jedenfalls für den iPod während einer S-Bahn-Fahrt durchs graue Zürich!

Mittwoch, 11. November 2009

One Love

Der Berliner Herbst ist nicht selten grau: Graue Häuser, graue Strassen, grauer Himmel. Endlich kann ich mich harmonisch in dieses Bild einfügen - mit meinen frischen Sneakers von den herrlichen Dänen von Wood Wood aus Kopenhagen. Sie haben den 1982 X-Caliber von Onitsuka Tiger wunderschön bearbeitet und kürzlich in ihrer Boutique in Berlin "zum Abschuss frei gegeben". Ich habe das drittletzte Exemplar ergattert... Ton in Ton höre ich nun dazu bei meinen Stadtwanderungen den sensationellen Mix von SCB alias Scuba, Dubstep-Übermeister und Experte für graue Klanglandschaften. Mesel, du würdest den Mix auch lieben. Download it here mate!

Dienstag, 10. November 2009

Künstlerrevolte

Im heutigen Blogpost möchte ich kurz andeuten, über welche Dinge ich momentan nachdenke - wenn ich nicht gerade mit einem Pils in der Hand im Stand-By-Modus verweile. Zurzeit geistert nämlich ein Name ganz besonders durch unsere Seminarräume an der Uni: Immer wieder fallen die Worte 'Richard Florida'.

Florida ist ein Regionalökonom aus New Jersey und hat mit seinem Buch "The Rise of the Creative Class" Popularität erlangt. Unsere Professorin behauptete heute sogar, dass Florida nach Bill Clinton der zweitteuerste Gastredner sei - ein Referat von ihm würde mit zirka 60'000 Euro zu Buche stehen. Ich spiele schon mit dem Gedanken, ihn mal in unserer WG am Küchentisch sprechen zu lassen...

Jedenfalls sieht dieser Herr einen aus meiner Sicht vernünftigen Zusammenhang zwischen der ökonomischen Stärke einer städtischen Region im Verhältnis zur Anwesenheit von hochtechnisierten Arbeitern, Künstlern, Musikern und Homosexuellen. Oder so ähnlich... Wer sich ein genaueres Bild machen möchte, dem rate ich ein Besuch der Webseite seines Denkbüros Creative Class. Böse Zungen würden behaupten: Florida ist in erster Linie ein gerissener Verkäufer für die Massen...

Das Problem ist nun jedoch, dass Stadtentwickler und Standortmarketing-Yuppies anscheinend oftmals der Überzeugung sind, dass man die kreative Klasse als 'Ware' in einer Stadt ansiedeln kann. Ein lesenswerter und anregender Artikel dazu, erschienen in der aktuellen Ausgabe der ZEIT, bietet dieser Link.

Wie sollte Stadtentwicklung im Zusammenhang mit der 'kreativen Klasse' gestaltet werden? Wo liegt der optimale Grad der aktiven Gestaltung? Im Angesicht solch komplexer Fragen schnappe ich mir jetzt lieber meinen Mantel und gönne mir ein Stand-By-Pils in Kreuzberg...

Montag, 2. November 2009

Sonntags im Park

Am Wochenende stand eine "Welcome-Party" für alle internationalen Studierenden an der HU an. Obwohl wir ja eigentlich aus diesem Alter raus sind *Hüstel* wollten wir doch ein wenig Präsenz markieren. Man muss sich ja auch zeigen wenn man neu an einem Ort wohnt und studiert...

Schon das Mail unserer Kollegin Ottavia verhiess nichts Gutes: "Alle um 20.30 Uhr zum VORSAUFEN in meine WG" oder so ähnlich - es kommt auf den Sinn an, nicht wahr? Der genaue Inhalt ihrer Zeilen ist in diesem Fall höchstens noch von sekundärer Bedeutung. Viel mehr von Bedeutung war hingegen das Rahmenprogramm. Nur unschwer wird der geneigte Leser erraten, was auf dem Programm stand (Anmerkung für Ungeübte: Aufwärmen im privaten Rahmen, Abschliessen in der Disko). Ich spare mir an dieser Stelle allzu detaillierte Ausführungen.

Statt dessen springe ich unmittelbar "zum Tag danach". Nichts war an diesem Tag dann so erfrischend wie ein ausgedehnter Spaziergang durch den Treptower Park, welcher gleich um die Ecke liegt. Die seinerzeit für die Arbeitschaft angelegte Grünanlage ist ein echtes Bijou! Und wenn man etwas Geduld hat, wird man am Ende des Parks sogar mit dem Anblick eines herrlichen Biergartens direkt an der Spree beglückt. Etwas für spätere Tage.

Wieder zu Hause in der guten Stube - nun, man höre und staune, sogar erstmals mit funktionierender Heizung - sank ich in den Sessel, trank eine heisste Tasse Kaffee und lauschte den "16 Reflections on Classical Music". Meine lokale Musikbibel DE:BUG meint dazu: "[Die Interpreten] spannen einen musikalischen Bogen, der deutlich macht, was Elektronik jenseits des physischen Diktats der Clubszene sein kann. Dabei sollte das Konzept nicht als Transfer in bildungsbürgertümliche Institutionen gelesen werden, sondern vielmehr als Erweiterung der Möglichkeiten von Komposition/Produktion generell, denn so ist diese Compilation nicht nur eine Ansammlung wundervoller Klangstücke, sondern auch ein Spektrum dessen, was klassische Ansätze im Kontext von Elektronik sein können: Nämlich Mittel und nicht Zweck." Und in der Tat ist diese CD allen zu empfehlen, egal ob Klassik-Bildungsbürger oder Assi-Clubgänger.