Mittwoch, 2. Juni 2010

Stadterneuerung: Kopenhagen Part 1

So, bin zurück aus dem Wedding und hab's überlebt. Es gilt keine Zeit zu verlieren, auf geht's mit dem vierten Blogpost zu Kopenhagen an diesem Tag. Dazu der frische XLR8R-Podcast von Teebs aus Los Angeles und die Energie fliesst. Left Coast is Best Coast! 'Hip-Hop' kann so gut sein.

In diesem Blogpost möchte ich nun den Fokus von der Stadterweiterung zur Stadterneuerung wechseln. Dieser Bereich scheint mir sowohl in Kopenhagen als auch in wahrscheinlich allen europäischen Metropolen mit alten Hafengebieten noch deutlich wichtiger als die Stadterweiterung auf der grünen Wiese.

Starten wir mit dem zentralen Bereich Skandinaviens kosmopolitischster Stadt. Kopenhagens Binnenhafen war früher - wie in Hamburg - ein sehr betriebsamer Handelsplatz. Gegen Ende 60er Jahre war aber bereits der Grossteil des Verkehrs in die tieferen Gewässer der Gütercontainerterminals ausserhalb der Stadt verlagert worden, ein für europäische Hafenstädte durchaus typischer Prozess. So verlor der alte Hafen seine ursprüngliche Funktion und musste mit neuem Leben gefüllt werden.

Im Innenstadtbereich Kopenhagens hat man deshalb gleich zwei, nein eigentlich drei 'Leuchtturm'-Projekte am alten Hafen errichtet. Erstens den 'Black Diamond', eine schwarze und sehr elegante Bibliothekserweiterung, auf die ich hier nicht mehr näher eingehe. Zweitens die auf dem folgenden Foto abgebildete neue Oper von Henning Larsen. Meine Gastgeber in Kopenhagen sprachen diesbezüglich vom 'Grill', denn die Frontfassade sieht mit ihrer horizontalen Gliederung in der Tat aus wie ein Grill. Es ist nicht verwunderlich, dass dieser Bau mit seiner Ausführung und seiner prominenten und weit sichtbaren Lage geteilte Meinungen provoziert. Ich für meinen Teil finde die Oper durchaus gelungen, auch wenn ich leider nicht im Innern des Gebäudes war. Dies verweist gleichzeitig auf einen nicht von der Hand zu weisenden Nachteil dieses Baus für die etablierte Oberschichtenkultur hin: die Oper liegt auf derjenigen Seite des Wassers, die für viele - einschliesslich mich - nicht sonderlich bequem erreichbar ist. Man hat zwei Optionen: eine halbe Stunde Busfahrt mit enormem Umweg oder die Fahrt mit einem Wassertaxi.

Der dritte und letzte neue 'Leuchtturm' im zentralen Hafengebiet ist der Neubau des Schauspielhauses von Lundgaard & Tranberg, ersichtlich auf dem unten folgenden Foto. Gemäss 'werk, bauen + wohnen' (Ausgabe 10/2008) wird Architektur in Dänemark bis heute durch eine Schlichtheit und Nüchternheit charakterisiert, die der puritanischen Ethik entspricht und auf dem klassizistischen Erbe aufbaut. Mindestens im Falles des Schauspielhauses dürfte diese Aussage sehr wahr sein.


Setzt man die Stadtwanderung fort gegen Süden, erreicht man die Gebiete Havneholmen und Havnestaden. In Havnestad liegen u. a. die unten ersichtlichen Wohngebäude Gemini (rechts, von MVRDV / JJW Arkitekter) und Wennberg Silo (links, von Tage Lyneborg Tegnestue). Beide waren einmal Silos der 'Soya Bean Cake Factory'. Im Wennberg werden die Wohnungen, so habe ich munkeln hören, auf Mietbasis vergeben. I want one!

Direkt gebenüber der Silos liegen auch auf Havneholmen herrliche Wohnungen vor malerischer Kraftwerk-Kulisse. Hier gibt es zudem, einfallsreich wie immer, auch Büros und das sehr grosse Einkaufszentrum Fiskertorvet. Ich bin überzeugt die haben einen besonders einzigartigen Ladenmix. Witz komm raus! Was mich aber wirklich stört ist die Tatsache, dass es sowohl hier als auch in Hamburgs HafenCity unglaublich schwierig ist, eine simple Flasche Wasser zu kaufen. Wie wär's mit ein paar kleinen, einfachen Geschäften oder einem Kiosk? Unrentabel nehme ich an. Naja, hinziehen würde ich trotzdem.