Montag, 29. August 2011

Fremdgehen

Zurzeit schreibe ich regelmässig für ein zweites Blog einige Artikel zu Themen wie Place Management und Branding sowie Urban Development. In der letzten Zeit habe ich dort die drei folgenden englischen Artikel verfasst.

Der aktuellste Artikel beleuchtet die städtebauliche Entwicklung in Örestad, einem neuen Stadtteil der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Zwar habe ich auf diesem Blog auch schon mehrfach zu diesem Gebiet geschrieben, doch behandelt mein neuster Post noch andere Aspekte im Zusammenhang mit dem Bereich 'Urbanism'.
Der zweite Artikel handelt von Schweizer Städten und deren Versuch, die Innenstadtlagen konsequent zu ästhetischen Freilichtmuseen zu entwickeln. Die Leitfäden, welchem Design eine Außenbestuhlung von Gastronomiebetrieben gerecht werden soll, sind meines Erachtens - wie eigentlich alles im Leben, nicht wahr (?) - eine zweiseitige Geschichte. Alles ist immer eine Frage der Perspektive und Argumentationsebene.

Schlussendlich habe ich in einem dritten Artikel noch einige Worte zu Destination Branding durch die Filmindustrie verloren. Denn, mal ehrlich: gibt es jemanden, der Neuseeland nicht mit der Filmtrilogie 'Herr der Ringe' in Verbindung bringt? Der (touristische) Jackpot für die Kiwis! Andere Orte, andere Filme oder TV-Serien, anderes Image. Fazit: Die Habaschen in Hollywood sollten lernen, dass auch ihr Tun böse Konsequenzen haben kann. Deshalb plädiere ich ja auch schon seit Jahren dafür, dass es nur noch Filme mit positiver Message geben sollte. Alles andere können wir uns volkswirtschaftlich in diesen schweren Zeiten einfach nicht mehr leisten. (*Räusper!*)

Dienstag, 23. August 2011

Stadterweiterung: Westside Bern (Part 2)

Im letzten Post habe ich die Landmarke im neuen Stadtteil Bern-Brünnen kurz vorgestellt: das Westside. Neben diesem Tempel des Konsums und der Unterhaltung entstehen seit Ende der Nullerjahre nach einem Überbauungsplan auch Wohnungen für über 2500 Menschen.

Im ersten Foto ist die entstehende Überbauung 'TGV' der Architekten Sued 5 zu sehen. Wohl nicht jedermanns Sache, aber ich als Urbanist hätte eigentlich nichts dagegen, direkt an der Bahntrasse zu wohnen - auch wenn die meisten Züge keine TGV sondern Langweiler sind. So wie ich. Aber wie auch immer. In Berlin gibt es ja auch viele Leute, die auf gar keinen Fall eine Wohnung ausserhalb Sicht- und Hörweite der S-Bahn beziehen würden. Sie gibt einem einfach dieses urbane Gefühl. Zur Architektur hingegen kann ich hier nichts sagen. Die Baufelder als Reihe entlang den Gleisanlagen finde ich jedenfalls klasse.


Gleich daneben liegt die inzwischen fertig gestellte Überbauung 'Rock On' von Bachelard + Wagner. Das Plus: Die Balkone sind wunderbar dekadent überdimensioniert, wie im V Huset in Kopenhagen. Das Minus: Der Name. Diese zeitgenössische Bezeichnung von Gebäuden ist einfach unsäglich. Immer 'Park', 'Rock', 'West', 'City' oder was auch immer - Hauptsache Premium- oder Jung-Und-Dynamisch-Konnotationen. Warum nicht mal 'Sleep On'? Das wäre doch glatt. Da würde ich sofort einziehen. Oder 'Haus Erwin'. Oder 'Balkonien 'till Amazonien'. Übrigens: Mir gefällt die Fassade mit ihren spezifischen Farben besser bei dramatischem Himmel. Scheint die Sonne sieht das ganze deutlich weniger interessant aus.


Wenig interessant finde ich an diesem Ort und auf den ersten, kurzen Blick auch das unten links ersichtliche Gebäude in Form einer auf einer Seite offenen Hofrandbebauung. Der Name? 'Haus Brünnen'. Well, not really, ein Anglizismus natürlich: 'Rear Window'. Die Jury lobte das Projekt als präzisen und klaren Beitrag an die Architektur der Moderne. Ich bezeichne es als Fremdkörper. Aber ich bin ja auch der Laie und nicht die Jury, Gott sei Dank. Die roten Gebäude heissen übrigens charmanterweise 'Come West' und sind von Gonthier Architekten. Langsam dämmert es auch mir: alle (!) Baufelder tragen englische Projektnamen. Da muss System dahinter stecken. Ganz sicher der Plan eines weit gereisten Immobilienentwicklers, der aus der großen, weiten Welt nach Bern kam und mit den Worten berichtete: "Heute nimmt man Englisch wenn man siegen will." Ein heller Kopf!


Nein, im Ernst jetzt. Was mir am besten gefällt sind nicht die aktuellen Wohnüberbauungen - die ja eigentlich im Gesamten recht gut an den Stadtrand von Bern passen -, sondern a) das prächtige Fussballfeld vor malerischer Kulisse (Bauernhof und Hochhäuser des Tscharnerguts) und eingebettet in vernünftige Landschaftsarchitektur sowie...


b) die an das Neubaugebiet angrenzende Architektur aus den 1960er Jahren. Der Gäbelbach von Eduard Helfer sowie Hans und Gret Reinhard gleicht unverkennbar den 'Wohnmaschinen' von Le Corbusier und sieht im Kontrast zur landwirtschaftlichen Fläche im Hintergrund auch heute noch besser aus als das meiste, was direkt nebenan gebaut wird.


Ein Hoch auf die wahre Moderne. Und ein Hoch auf den Namen Gäbelbach. Heute würde dieses Gebäude vermutlich 'Premium Terminator' heissen. Oder eine Firma sichert sich die Namensrechte daran und tauft es um in 'Wälti Heiztechnik Penthouses'.

Stadterweiterung: Westside Bern (Part 1)


So sieht Stadterweiterung in Bern aus. Da kommt Freude auf.

In der zweiten Hälfte der Nullerjahre begann am westlichen Stadtrand von Bern auf grüner Wiese der Bau eines neuen Quartiers. Wie wir ja inzwischen wissen, kommen solche Entwicklungen heutzutage kaum noch ohne Landmarken aus. Erst recht nicht in der Provinz – räusper: der Hauptstadtregion der Schweiz –, die sich natürlich auch positionieren will auf der nationalen oder von mir aus sogar internationalen Standortkarte. So sieht, wer im Auto von Westen die Hauptstadt der Schweiz erreicht, fortan folgende Wand.

Quelle: Panoramio

Diese Kante gehört zum Einkaufs- und Freizeitzentrum Westside, welches 2008 in Bern-Brünnen als lokaler Ausgangspunkt und unter der Leitung des vielleicht zu Unrecht als ‚dekonstruktivistisch’ bezeichneten Starchitekten Daniel Liebeskind eröffnete. Es enthält u. a. nicht nur die üblichen, hier allerdings vornehmlich aus dem höheren Segment stammenden Einkaufsmöglichkeiten, sondern auch ein Multiplex-Kino, ein Hotel, eine Seniorenresidenz sowie ein Fitnesszentrum und ein Erlebnis- oder Wellnessbad. Bei letzterem stürzten im April 2011 – also etwa drei Jahre nach Inbetriebnahme – Teile des Dachs herunter. Ein veritabler GAU für ein Landmark; glücklicherweise gab es keine Todesfälle.

Nichtsdestotrotz gefällt mir die Architektur des Gebäudes mit seinen gnadenlosen Winkeln, dem puristischen Weiß innen sowie der kontrastreichen Kombination von unterschiedlichen Oberflächenmaterialien aussen sehr gut. Dies gilt umso mehr, wenn ich an die Mehrzahl der mir bekannten Einkaufszentren denke (z. B. Field’s im neuen Kopenhagener Stadtteil Orestad). Auf der anderen Seite sagt die Tatsache, dass in den letzten Jahren zunehmend auch Einkaufszentren architektonisch-ästhetisch hochwertig gebaut werden, wohl auch einiges über unser Zeitalter aus. Welche westeuropäische Stadt baut heute noch aufsehenerregende Kirchen? Hohe Beachtung kriegen doch meistens vielmehr Tempel des Konsums und Zentralen unternehmerischer Macht. Ich behaupte allerdings nicht, dass mir das eine lieber ist als das andere. Die Apostel mögen in Ordnung sein. Aber ob ein schändlicher Manager mehr Unheil über die Welt bringt als ein ebensolches Kirchenoberhaupt sollen andere entscheiden. Ich will hier nicht zu tief schürfen, es geht schliesslich nur um Stadterweiterung; etwas fürs einfachere Gemüt.


Flankiert wird Westside übrigens von diversen Wohnüberbauungen. Hierzu mehr in einem zweiten Blogpost, der - so Gott will (man beachte die Analogie zu oben, und das um 22.46 Uhr an einem hundskommunen Dienstag) - in Bälde nachfolgen wird. Amen die Damen.

Sonntag, 21. August 2011

Vision 2011: Nachwirkungen

So waren die Sichtverhältnisse.


Man muss den Tatsachen einfach ins Auge sehen, sofern möglich.


Auch andere Dinge sehen nicht mehr blendend aus.


Dieser DJ vom Zürcher Club Hive hat am Sonntag in der Früh, wohl um zirka 8-9 Uhr, tatsächlich einmal etwas langsamer und spannender aufgelegt als die allermeisten seiner Kollegen. Selbstredend waren wir dann plötzlich fast die einzigen auf dem 'Dancefloor'. Das ist einfach eine Schande.


Der Niesen bleibt aber immer prächtig!


Es wäre Zeit zu schlafen.

Vision 2011: Kritik



Nach langen Jahren habe ich mich dieses Wochenende wieder einmal an ein Openair-Festival getraut: das Vision Festival in den Schweizer Alpen. Nachfolgend eine kurze Bewertung.

Standort: Verdient das Prädikat 'Herausragend'. Das Festival fand oberhalb des Thunersees im Berner Oberland statt. Die Aussichten auf die Berge sind herrlich - ganz besonders bei diesem Hochsommerwetter.


Publikum: Genügend. Eigentlich finden sich an der Vision relativ viele gute Leute aus allen Teilen der Schweiz und dem näheren Ausland ein. Zudem ist es auch kein reines Hipster-Festival, bei dem es in erster Linie darum gehen würde wahnsinnig cool zu sein. So weit so gut. Das zentrale Problem mit dem Publikum ist aber ein altbekanntes. Wie ist es möglich, dass so viele Leute keinen Bezug zur Landschaft haben und ihren Müll überall liegen lassen? Zudem scheinen die Leute zum Teil ein wenig einfältig zu sein in ihrem Musikgeschmack...


Musik: Knapp ungenügend. Die Musik war nicht grundlegend schlecht. Was mich aber wirklich enttäuscht, ist die Einfältigkeit. Das Festival hat drei Floors, doch fast überall läuft ein Einheitsbrei aus Tech-House und nächsten Verwandten. Gerade in dieser landschaftlichen Szenerie wäre ein wenig mehr Abwechslung, zum Beispiel auch in Richtung Cosmic, Balearic, NuDisco oder auch schon andere Spielarten von House und Techno, gewiss kein Fehler. Schon geschätzte zwei Stunden nach Festivalbeginn spielten die meisten Acts 'Bretter'. Und auch mit aufgehender Sonne war eine leichte Anpassung der Musik an die äusseren Umstände gänzlich unbemerkbar. Das ist schwach! Aber ich muss wohl einsehen, dass ich mit dieser Meinung eher einer Minderheit angehöre. Viele Vision-Gänger konsumieren entweder ihre Substanzen und wollen dann konstante und verlässliche 4/4-Beats oder aber wollen einfach raven und interessieren sich nicht für elektronische Musik abseits des 'Abgehens'. Es war zuweilen lächerlich, wie die Acts immer wieder die Bassline raus nahmen und das Publikum jedes mal kreischte, wenn der Rhythmus wieder einsetzte. Dies ist allerdings nicht ein Kritikpunkt an der Musik sondern am Publikum. An der Streetparade stimmt das so, aber an der Vision? Ein wenig mehr Sophistication hätte ich schon erwartet auf wohl über 1000 MüM.


Organisation: Gut. Freilich verschwimmen die verschiedenen Bewertungsbereiche teilweise ineinander. Logistisch war die Organisation meines Erachtens top. Aber eben: Die musikalische Programmierung wäre meines Erachtens ausbaufähig. Und vor allem: weshalb dieses erbärmliche Rugenbräu Bier? Wohl weil es ein regionales Produkt ist. Aber ich, als Wahldeutscher, musste mich ernsthaft fremd schämen. Wie kann man den Gästen, gerade auch aus dem Ausland, eine solche Brühe zumuten?

Nun, wir gingen trotzdem ab...


Am Sonntag sah die Welt dann allerdings schon etwas anders aus...

Freitag, 19. August 2011

Nah und Fern

...ist nicht nur der Name einer Box mit vier sehr schönen Ambient-Alben von GAS alias Wolfgang Voigt, es ist auch die passende Bezeichnung für die folgenden Fotos. Sie erzählen von der gestrigen Wanderung in meiner Heimat, auf den Bergen oberhalb des Simmentals.



Früher, wenn ich morgens um 6 Uhr aus dem Ausgang nach Hause zurückzukommen pflegte, habe ich mich immer lustig gemacht über die roten Wandersocken. Jetzt merke ich, dass sie auch den Durchschnittsmenschen zum Helden machen. Einfach herrlich.




Gerade die beiden abschliessenden Bilder haben auch eine Klangkulisse. Siehe dazu die unten folgenden Kurzfilme für Stadtmenschen.

Zwei aufschlussreiche und anregende Kurzfilme für Stadtmenschen




Donnerstag, 18. August 2011

Pizza am See





Neidisch? Verständlich. Pizzeria 'Lido da Elio' in Faulensee direkt am Thunersee.

Montag, 15. August 2011

Free Floating

Eigentlich wollten wir an die Streetparade Off-Party ‚Cityfox’. Noch vor zwei Jahren war das eine ganz entspannte Angelegenheit. Nicht so dieses Jahr. Das hier, mittags um 13 Uhr, geht einfach gar nicht:

Wir haben uns, herrlich wie wir sind, dann nicht in diese absurde Warteschlage gestellt, sondern haben uns achselzuckend unter das gewöhnliche Fußvolk gemischt. Entscheidend ist schon lange nicht mehr der Status nach der Frage „Wo warst Du?“, es ist der Fluss der Dinge. Also ließen wir uns gehen.

Wir fanden uns wieder am Ufer des Zürisees. Die Hülsen waren großartig und Züri schebegäil. Da konnte man schon mal einen weiteren Knopf öffnen.

Bemerkenswert waren nicht nur unsere Schönheit und Offenheit, sondern auch die intergalaktische Zusammensetzung unserer Willensgemeinschaft. Philippe beamte sich extra für die Streetparade von Andromeda 37 nach Züri. Etwas, was ich sehr zu schätzen wusste.

Selten genug nämlich, dass High Potentials aus anderen Raumdimensionen zu uns auf die Erde kommen. Aber er liebt halt auch den Fluss und ging ab. Recht so.

Wo war ich stehen geblieben? Ja genau, beim Fluss. Wir waren also drin. Und daran konnte auch die erbärmliche Musik nichts ändern, die von den Bühnen und Love Mobiles auf die Vielen herunter dröhnte. Seniler ‚pumpin’ House’ allenthalben. Sonst klagt die Meute sofort, dass es nicht „abgeht“ oder so. Ja, da vermissen alte Hasen wie wir schon mal einen DJ Dream. Mehr Zeit für Gefühle, mehr Kitsch von mir aus. Das (!) war für uns die Streetparade. Aber eben, an der Nostalgie erkennt man das Alter. Lächerlich eigentlich.

Ach, hallo Schätzeli. Jaja, greif ruhig zu!

Später des Abends, der Fluss strömte gemächlich durch blühende Landschaften, landeten wir im Becken des Talackers. Hier wurde einem wohlig warm ums Gemüt: die Wolf + Lamb Acts konzentrierten sich auf ihre Kernkompetenz der rücksichtslosen Temporeduktion. So zu sagen der ideologische Gegenentwurf zum affigen ‚pumpin’ House’ unten an der Quaibrücke. Zu einem magischen Marvin Gaye Edit und emotionalem House der Marke ‚Chicago’ kreisten wir nunmehr in elliptischen Umlaufbahnen und den Planeten Love. Wir waren jetzt einfach. Free Floating!

Nach 13 Stunden Rave schauten wir dann in den nächtlichen Himmel über Züri und sahen in fremde Galaxien und feierten den Dimensionswechsel.

For those who know!