Lernen, Lernen und ja, Lernen, dies war meine Hauptbeschäftigung am vergangenen Wochenende. Wir müssen nächste Woche an der Uni vier Stunden moderieren. Das Thema der Sitzung wird stadtsoziologischer und - natürlich - stadtgeographischer Natur sein. Grundlage der ganzen Veranstaltung ist ein Buch, welches wir für diese Moderation lesen: "Der Fremde und die Ordnung der Räume" von Jan Wehrheim. Wer sich einmal ein klareres Bild davon machen möchte, was wir im Studium lesen, kann sich gerne mit diesem Werk auseinandersetzen...
Doch weshalb erzähle ich das eigentlich? Für die Lektüre zog ich mich in die soeben eröffnete neue Hauptbibliothek der HU zurück. So liessen sich architektonische Betrachtungen bestens mit Studienlektüre verbinden. Das erste Fazit fällt eindeutig zweideutig aus: Die Bibliothek respektive das Gebäude beeindruckt mich durch eine wunderbar ästhetische und klare Formensprache. Dies gilt insbesondere natürlich für den auf dem Bild weiter unten sichtbaren Lesesaal! Ein sensationeller Raum. Die Arbeitsplätze sind hell und der Kopf ist aufgrund der Grösse und Leere des Raumes angenehm frei. Unglücklicherweise befinden sich jedoch unmittelbar hinter den Leseplätzen Räume für Gruppenarbeiten. Da diese Räume, damit auch sie lichtdurchflutet sind, hauptsächlich durch Glas abgetrennt sind, kann der Lärmpegel leider zwischenzeitlich störende Dimensionen erreichen. Insbesondere wenn man in die Lektüre von Wehrheim vertieft sein sollte, nicht wahr?
Wie dem auch sei. Die Currywurst in der internen Cafeteria war wiederum ein Genuss. Dies umso mehr deshalb, weil ich immer noch entzückt bin über die tiefen Preise hier: 1.50 kostet die Wurst mit selbstgemachter, sehr leckerer Currysauce. Heavenly.
Auf der anderen Seite - ob gut oder schlecht - scheint mir die Grimm-Bibliothek in gewisser Weise ein elitärer Ort zu sein. Schon der Unidirektor nannte sie eine "Schatzkiste für Bücher", was natürlich positiv klingen soll. Man könnte die Bibliothek jedoch auch einen "Tresor für Bücher" nennen. Denn, und jetzt bediene ich mich des oben genannten Textes von Wehrheim, Architektur und Gestaltung von Räumen können Nutzungen unterstützen oder unterminieren sowie Assoziationen von Offenheit oder Geschlossenheit (!) erlauben. Materialien, Farben und Oberflächenstrukturen können sowas wie soziale Höhenlagen eines Raum bestimmen und das Anspruchsniveau der Umgebung bestimmen.
Aus dieser Perspektive betrachtet macht die Grimm-Bibliothek auch deutlich, welchen sozialen Gruppen der Ort dienen soll: den Bildungsbürgern. Für Menschen mit weniger Zugang zu Bildung wirkt der Bau von Max Dudler jedoch wahrscheinlich wie eine uneinnehmbare Festung, in welcher sie ohnehin nicht willkommen wären. Mit anderen Worten (ich muss Schluss machen!): Die Ästhetik des Gebäudes ist gleichzeitig für die Einen anziehend und überwältigend sowie furchteinflössend und abweisend für die Anderen.
Abends gingen wir dann spontan in die Berliner Philharmonie, wo wir eine wunderbare Interpretation des "deutschen Requiems" von Johannes Brahms zu hören kriegten. Und da unsere WG-Mitbewohnerin an der Universität der Künste studiert und deshalb nützliche Beziehungen hat, kostete der Spass auch nicht mehr als 10 Euro. Herrlich! Heute Montag ist nun jedoch Zeit, die "soziale Szene" wieder zu wechseln. Wo könnte dies besser gelingen als beim Fussballspiel Union Berlin gegen Kaiserslautern?