Mittwoch, 21. Dezember 2011

Stadterneuerung: Zürich-West (Part 3)


Wie immer wenn ich in der Schweiz bin will ich ein paar Tage nach Zürich. Vielleicht macht es die Umstellung leichter; von der 3- oder 4-Millionen-Stadt Berlin über die "little big city" bis in die Berner Heimat. Eigentlich geht es ja bloss darum, dass ich diese Stadt einfach ziemlich gerne mag - es ist tatsächlich auch gefühlsmässig eine richtige Stadt, zudem in vielen Belangen eine der besten der Welt wie ich finde - und zudem ein herrlicher Mensch dort lebt. Gründe genug.


Von der Terrasse vor der Universität eröffnet sich ein sehr schöner Blick auf die winterliche Altstadt (oben) sowie gegen Westen (unten). Dort sieht man am Horizont den Prime Tower (PT), über den ich auf diesem Blog schon mindestens einmal berichtet habe. Bei meiner letzten Betrachtung des PT vor ein paar Monaten war ich noch der Meinung, dass mir dessen abstrakte Struktur als Solitär zu wuchtig sei. Ich hätte tendenziell für den Bau eines Clusters argumentiert. Inzwischen bin ich jedoch gegenteiliger Auffassung: gerade weil er so skulptural geformt ist verträgt er vermutlich keine nachbarschaftliche Konkurrenz. Ich kann mir eine lose Kette von Hochhäusern im Limmattal vorstellen, weniger jedoch einen CBD-Cluster oder ähnliches. Dies liegt aber nicht nur an der prägnanten Form des PT, sondern ebenfalls an der geringen Fläche Zürichs zwischen den Hügelzügen. Letztere bewirken überdies, dass eine  Gebäudehöhe von 100 bis maximal 150 Metern nicht überschritten werden sollte.


Ich denke, wir sollten in der Schweiz sehr vorsichtig sein mit dem Bau von Hochhäusern. Dies betrifft nicht nur die Architektur, sondern noch in bedeutenderer Art und Weise städtebauliche Überlegungen. Die Städte sind so kompakt, dass Hochhäuser - besonders, wenn sie so radikale architektonische Verkündungen darstellen wie der PT - schnell ein über lange Zeit entstandenes Gefüge abwerten oder sogar sprengen können. Im Falle des aktuell höchsten Gebäudes des Landes bin ich der Meinung, dass dies nicht geschieht; der PT liegt topographisch etc. an idealer Lage. Und aus manchen Winkeln und bei gewissen Witterungsbedingungen macht er in der Tat eine sehr gute Figur.


Ganz in der Nähe gibt es, wie ich hier ebenfalls bereits geschildert habe, zum Glück auch noch Areale, die nicht "entwickelt" wurden und statt dessen eine temporäre Nutzung erfahren. Einer dieser Orte ist das Restaurant Rosso, wo man vorzüglich und in Halbaffen wie mich ansprechendem Ambiente speisen kann. Denn es ist ja so: Türme wie den PT mag ich vor allem so lange gerne, wie ich nebenan in einem Restaurant wie dem Rosso oder in anderen einfacheren Lokalen einkehren kann. Befinden sich hingegen nur noch polierte Filialen in der Umgebung weicht die Entzückung rasch einer Ernüchterung. Und das wollen wir ja nicht, nicht wahr? Harmonie und Freude im Kosmos ist das Ziel.


Nun, am Dienstag hatten wir noch kurz die Gelegenheit, oben im PT ein Znüni zu uns zu nehmen. Das Restaurant, die Bistro-Bar und die Lounge sind natürlich alle in ziemlich vorhersehbarer Art und Weise ausgestattet. Schliesslich liegen in den Etagen darunter u. a. auch die Büros des Wealth Management der Deutschen Bank. Es könnte aber alles bedeutend schlimmer sein (das ist also quasi ein Kompliment, man berücksichtigt ja den Kontext nach Möglichkeit), und so wähnten wir uns beim Blick hinaus zufrieden in Russland. Dabei ist es doch nur Züri! Schebegäil.