Sonntag, 13. Februar 2011

Hören und lernen

Heute schneit es in Berlin wieder - ausserordentlich schüchtern zwar, aber immerhin. Ich möchte diese Gegebenheit nutzen, um drei sehr aktuelle Alben vorzustellen, die einen Berliner Sonntag im Februar 2011 bereichern. Alben, die hier zurzeit für ziemlichen Gesprächsstoff sorgen dürften.

Den Anfang bildet der Youngster Nicolas Jaar aus NYC, einer der anderen stilbildenden Städte unserer bemerkenswerten Zeit. Auf seinem ersten Album, erschienen bei den Franzosen von Circus Company, produziert er wunderbar experimentelle Elektronik. Noch besser als das Experimentieren gelingt jedoch die gnadenlose Entschleunigung der Tempi. Die Musik eignet sich demnach sowohl zum interessierten und konzentrierten Zuhören als auch als erquickliche Begleiterscheinung zur Lektüre meines Buches über die Geschichte der Stadt im 20. Jahrhundert.


Die goldene Mitte unserer Dreifaltigkeit wird durch den bärtigen Troubadour mit dem Namen Josh T. Pearson aus Texas repräsentiert. Auf diesem Album hört man nicht viel mehr als ihn und seine Gitarre. Das reicht aber.


Die letzte Scheibe stammt vom Robag Wruhme. Auf seinem Mix für Kompakt aus Köln verwebt er melodiös Altes (z. B. den Klassiker "Dexter" von Villalobos) und Neues. Der einstündige Mix ist ein sehr schönes und besinnliches Gesamtkunstwerk aus zeitgenössischer, niveauvoller elektronischer Musik. Kann auch dem Hörer von nicht-elektronischer Musik im Sinne eines Eintauchens in fremde Welten empfohlen werden.


Ich schreibe nicht nur aus musikalischen Gründen über diese drei Alben, sondern auch aufgrund der wunderbaren Covers. Im Zeitalter der Podcasts und DJ-Mixes im Internet bieten CDs mit einer solchen Optik einfach wirklich noch einen veritablen Mehrwert. Ausserdem muss es nicht immer nur um den Mehrwert im Sinne einer persönlichen Maximierung des Preis-/Leistungsverhältnisses gehen. Der Kauf von (physikalischen) Tonträgern bringt gegenüber dem räuberischen Download in vielen Fällen auch einen (kant'schen) moralischen Mehrwert. Nicht die schlechteste aller Rechnungen wie ich finde.

P.S. Josh T. Pearson spielt am 4. April 2011 im Comet Club in Kreuzberg.