Mittwoch, 23. Mai 2012

Berlin Beatmakers


Ab Mitte der 90er Jahre bis zirka 2002 galt meine musikalische Aufmerksamkeit - nachdem ich aus der Thunderdome-Hardcore-Ecke kam - überwiegend dem HipHop. Nicht nur, denn der hundertprozentige Fokus auf eine Musikrichtung war mir noch nie möglich. Doch prägten diese Musik sowie die damit einhergehenden Verhaltensweisen und Modeerscheinungen ganz wesentlich mein Leben. Man kann es auch anders ausdrücken, weniger affig: Ich sah aus wie ein Vollpfosten, mochte Wu-Tang und wollte meine gefälschte Rolex eines Tages durch eine echte ersetzen.

Irgendwie verschwanden diese Neigungen mit der Zeit. Schliesslich durchläuft auch ein Berner Oberländer unterschiedliche Identitätsphasen, auch wenn das für den Städter zuweilen unwahrscheinlich erscheinen mag im Angesicht eines Menschen aus den Bergen. Wie dem auch sei, die Lebenswelt des HipHop und die meinige hatten, so durfte ich seligerweise erkennen, in zunehmendem Maße etwa gleich viel gemein wie Franz und Hans. Jeder weiss demnach wie die Antwort lautet: Nichts.

Doch es kam wieder anders auf der ewigen Achterbahnfahrt des Lebens. 2003 uahaha! Ich war in Barcelona, Sonar Festival. Dort ging ich in einen Plattenladen und bat nach der Empfehlung des Hauses. Man gab mir das erste Album von Little Brother und ich war sofort wieder 'totally in the game dude like really, awesome'. Das Album war wie eine Erleuchtung. Es gibt, so durfte ich feststellen, auch - wie soll ich sagen - smoothen HipHop. Hatte ich in der Source irgendwie nicht mitgekriegt.

Seither höre ich zwar auch immer wieder mal Gangster-Bretter. Doch meine Seele fühlt sich, da gibt es keine Zweifel, insbesondere von den Produktionen von Little Brother, Pete Rock, J Dilla, Teebs und Konsorten geschmeichelt. Wen erstaunt es: ich komme von den Heiligen Höhen der Alpen, nicht aus dem Märkischen Viertel. Bei uns gab es keine Gangster sondern friedliche Kühe. Ja, spannend, ich weiss.

Jetzt komme ich zum Punkt, versprochen! Ich dachte seit Jahren: Mit dem deutschen HipHop kannst du nicht ernsthafterweise eine längere und innigere Beziehung aufbauen mit einer Seele wie der meinigen. Zu prollig, zu hart, zu lustig, zu wtf. In den letzten Jahren lag mein Blick vor allem auf Los Angeles. World Beatmaker Capital. Jetzt aber weiss ich seit kurzem, dass auch hier in Berlin sehr nüchterne Beats produziert werden. Es scheint sogar so etwas wie eine Szene zu geben, vielleicht?! Jedenfalls gibt es nicht nur Low End Theory sondern es gibt/gab auch BeatGeeks - regelmässig im Monarchen am Kotti in Kreuzberg.

Check 'em out y'all. Etwa Dexter mit seinem Beitrag für die Serie Hi-Hat Club. Er stammt zwar glaube ich aus Heilbronn, seine Beats sind jedoch so gut das könnte auch Berlin sein. Sorry.


Oder hier der vermeintliche Beatmaker-König Berlins: Suff Daddy. Er trägt immer das selbe Padres-Cap und macht klatsche Beats. Aktuelles Album: Suff Sells. Cheers!


Weiter geht es mit Flako. Er ist meines Wissens Chilene, lebt jedoch auch hier in Berlin. Sein 2011er Werk The Mesektet klingt dope! (P.S. Bleibe heute in der Sprache der Szene. Für die Creds.)


Wie gesagt, ich bin mit diesen Produzenten noch nicht lange vertraut. Es gibt wahrscheinlich noch einiges zu entdecken, viele Namen dürften hier dementsprechend noch fehlen. Ein spannendes Label ist auf jeden Fall Melting Pot Music. Und ein aktuelles Interview mit Suff Daddy gibt es hier:


Warum nur muss er über Berlin-Hipster ableiern? HipHop ist doch der neue Hipstersound. Wir gehen alle ins Bäreneck und jammern. Golf Wang ASAP was wosch de mann? Roll a phat one.