Freitag, 25. März 2011

Stadterneuerung: International Business Center Mockba

Einige wenige Kilometer westlich des historischen Zentrums der Stadt entsteht auf einem brach gefallenen Gelände das International Business Center von Moskau.

Bezüglich dieser Lage lässt sich die Moskauer City mit der Pariser Défense und Canary Wharf in London vergleichen: Alle drei Stadtteile liegen, jeweils etwas ausserhalb der historischen Stadtkerne dieser europäisch gewachsenen Städte, auf ehemaligen Industrie- und Gewerbeflächen. Das Geschäftsviertel der französischen Global City wurde jedoch bereits ab den 1960er Jahren gebaut, jenes in London ab den 1980er Jahren. Weitere 20 Jahre später folgt nun also die russische Megacity. Man erkennt unschwer, wohin die Entwicklung Russlands führen soll.


Die Architektur der Gebäude ist in den meisten Fällen zeitgemäss und wie im Foto oben ersichtlich sehr auf die Verwendung von Glas fokussiert. Globalisierte Turbokapitalismus-Architektur. Einige der Hochhäuser, wie beispielsweise der Naberezhnaya Tower (oben rechts) von ENKA Architekten aus Istanbul wirken meines Erachtens zwar wenig spektakulär, jedoch erfreulich elegant. Ich mag das. Der Imperia Tower (NBBJ Architekten) wiederum, welcher oben im Bild links zu sehen ist (das Gebäude mit elliptischen Formelementen), gefällt mir mit jeder Betrachtung weniger gut. Und Capital City, das merkwürdige, verschachtelte Duo in der Bildmitte (ebenfalls NBBJ Architekten), verstört mich irgendwie auch. Zuerst fand ich das mit gut 300 Metern zurzeit höchste Gebäude Europas spannend, weil neuartig. Aber nachdem dieser Effekt langsam verflogen ist, bleibt in erster Linie der Eindruck einer gewissen Lächerlichkeit. Zudem müsste sich mein Verstand noch an diese Form gewöhnen, denn im Moment wirken die beiden Türme auf mich so, als drohten sie einzustürzen.


Neben der Büronutzung - bekannte Firmen, die vor Ort präsent sind, sind u. a. IBM, Oracle, Citibank, KPMG, Toshiba, E.ON - sind auch Wohnungen, Hotels und verschiedene kommerzielle Nutzungen vorgesehen. Insbesondere bezüglich der Wohnungen unterscheidet sich die City meines Wissens relativ deutlich von den beiden älteren Stadterneuerungsprojekten in Paris und London - zumindest was deren Anfangsausstattung betrifft. Die Nutzungsmischung ist städtebaulich deutlich populärer als vor einigen Jahrzehnten. Und ich kann mir gut vorstellen, dass viele 'new Russians' gerne eine Wohnung oder ein Penthouse in der City erwerben wollen.

Leider ist mir nicht bekannt, inwiefern die Finanzkrise der letzten Jahre die Nachfrage nach Wohnungen in der Moskauer City beeinflusst hat. Ich vermute aber, dass der Effekt erheblich war und immer noch ist. Einige der Projekte wurden jedenfalls entweder unterbrochen - man sieht Baugruben und halbfertige Gebäude - oder aber sogar storniert. So zum Beispiel auch der Russia Tower, welcher mit über 600 Metern Höhe das zweithöchste Gebäude der Welt gewesen wäre.

Verkehrstechnisch wird der Distrikt insbesondere durch zwei neue Metrostationen sowie eine unmittelbar neben dem Komplex gelegene Anbindung an die Moskauer Stadtautobahn erschlossen.

Auch wenn mich die Architektur in etlichen Fällen nicht besonders zu überzeugen vermag, finde ich das Projekt als Ganzes doch sehr eindrücklich. Dies u. a. deshalb, weil hier wird mit hoher Geschwindigkeit - die Effekte der Finanzkrise einmal ausgenommen - der Anspruch Moskaus als eine der politisch und wirtschaftlich führenden Städte der Welt städtebaulich und symbolisch realisiert wird.



Die beiden letzten Fotos - aufgenommen von verschiedenen Fotografen - stammen von skyscprapercity.com.