Dienstag, 26. Januar 2010

Eisspree und Whiskey

Der (Nord) Osten Deutschlands wird seit einiger Zeit von einer bemerkenswerten Kälteperiode beherrscht. Wir fühlen uns wie in Russland! Wobei wir offensichtlich nicht die einzigen sind, die sich in Berlin bereits streng östlich fühlen. Kürzlich sah ich jedenfalls das herrliche Loge des Berliner Fanclubs des 1. FC Köln. Sie nennen ihre Sektion korrekterweise "1. FC Köln Sektion Westpolen". Lovely!

Heute Morgen (zirka 9 Uhr) tummelte sich der Quecksilberpegel nicht zum ersten Mal in diesem Januar bei lähmenden 16 bis 17 Grad unter Null. Wir können uns beim besten Willen an keine derartige Kälte in der Schweiz erinnern. Solche Werte kennt man höchstens aus dem Meteo, wenn die Temperaturen des unsäglichen Jura oder Engadin eingeblendet wurden...

Nun ja, ich mag möglicherweise etwas übertreiben: Auch in der bewohnten Schweiz wurde es in den letzten Jahren sicherlich vereinzelt arktisch kalt. Was ich mir jedoch nicht vorstellen kann, ist, dass die Flüsse regelmässig gefrieren. Die Spree, dieser so gemächlich dahin fliessende Strom, ist während der letzten Wochen kontinuierlich zugefroren. Die Fotos zeigen: Berlin liegt in Grönland!




Leider, leider gewährt das Geographische Institut keine "kältefreien Tage". Im Gegenteil: ein echter Geographe - und noch entschiedener eine echte Geographin (!) - zeigt sich in diesen Tagen besonders motiviert bei der Forschung im freien Feld. So auch wir jung-dynamischen Zeitgenossen. Gestern Abend führten wir im Rahmen einer sozialgeographischen Übung ein kleines Experiment durch. Wir wollten u. a. untersuchen, inwiefern in halb-öffentlichen Bereichen wie Bars und Kneipen auf Verstösse sozialer Normen reagiert wird. Zu diesem Zweck suchten wir zwei gegensätzliche Lokale auf: eine Kneipe mit sehr tiefem Sozialstatus und eine Bar für die vermeintliche Oberschicht. Jeweils zwei innerhalb unserer Vierergruppe waren in einem der beiden Lokale auffallend unpassend und der gängigen Norm widerstrebend gekleidet. Die beiden Kommilitonen sorgten in der luxuriösen Newton Bar am Gendarmenmarkt für mehr als nur abwertende Blicke:


Solange man bei der Forschung einen Whiskey Sour trinken kann ist die Kälte gerade noch ertragbar.

Freitag, 22. Januar 2010

Chelsea Farmer's Club

Am Montag besuchten wir - bekanntlich nicht zum ersten Mal seit unserem Umzug nach Berlin - ein klassisches Konzert. Bemerkenswert daran ist insbesondere, dass es sich eigentlich um ein Unternehmensanlass der Lufthansa handelte. Für uns "Frequent Flyer" (*räusper*) war es natürlich kein Aufwand Karten zu kriegen. Wir hatten sogar deren fünf. Daran sieht man unschwer die Wertschätzung der Lufthansa uns gegenüber. In Sichtweite: Klaus "Bürgermeister" Wowereit und andere Berliner Topshots. Trotzdem kann ich mir eine leicht bösartige Bemerkung nicht verkneifen: Ich finde das Lufthansa-Firmenlogo in diesem herrlichen Konzertsaal am Gendarmenmarkt etwas übertrieben absolutistisch. Ansonsten wars ein gediegener Anlass mit sehr schöner Musik von Richard Wagner ("Ouvertüre zum 'Tannhäuser'").

Doch eigentlich wollte ich etwas anderes erwähnen; und zwar ist dies die Güte der folgenden Initialen: CFC! Stimmt, CFC steht einerseits für den Chelsea Football Club. Ein grossartiger Ballsportverein! Andererseits stehen diese drei Buchstaben jedoch ebenso für den nicht minderwertigen Chelsea Farmer's Club aus Berlin. Einen schönen Artikel hierzu veröffentlichte übrigens auch Das Magazin, und zwar hier. Aber was wollte ich nun eigentlich verkünden? Ach ja: Der CFC betreibt unter anderem ein wahrhaft wunderbares Bekleidungs- und Stilgeschäft im klassischen Westberlin. Ladies und Gentlemen finden dort herrliche Gummistiefel, Reisetaschen oder aber auch auch so liebreizende Dinge wie eine kleine aber feine Gin-Bar zur freien Selbstbedienung... Für den Fall eines plötzlichen Durstes - oder auch nur zur Beförderung des Wohlergehens. Ich persönlich konnte einer robusten, englischen Baumwollkrawatte sowie einer charmant gehäkelten Ansteckblume nicht widerstehen. Für das oben erwähnte Lufthansa-Konzert war das meines Erachtens eine hinreichend elegante Bekleidung:

Wenn man dieses Foto betrachtet, erscheint ein abschliessender Verweis auf den Dandy sinnvoll: "Ein verwandter Zweig der Berliner Aristokratie ist der Berliner Dandy (…). Der Dandy in diesem Sinne geht seinen eigenen Weg, ohne sich um das Allgemeine zu kümmern. Der Dandy ist in allen Genüssen des feinen Lebens erfahren, aber über alle Begeisterung und Schwärmerei erhaben.“ (Robert Springer (1816-1885))

Samstag, 16. Januar 2010

Geographenstoff

Wenn mich die Leute fragen, womit ich mich als Geographiestudent eigentlich beschäftige, fehlen mir manchmal ein wenig die Worte. Es ist nicht ganz einfach das Studienfach Geographie zu beschreiben, denn es ist sehr vielfältig und breit ausgerichtet, hat aber beispielsweise so gut wie gar nie etwas mit traditioneller Länderkunde zu tun. Städte und Flüsse vorwärts und rückwärts aufzuzählen gehört also leider nicht zur alltäglichen Beschäftigung. Obwohl: Gerade diese Länderkunde wäre es eigentlich, die mir besonders Spass machen würde. Doch da lag ich gewaltig daneben, als ich das Studium begann und voller Vorfreude auf das Referieren über die hundert grössten Städte in den USA hin eiferte...

Vielleicht lässt sich mein Studium einfacher durch schriftliche Arbeiten präsentieren. Ich habe deshalb zwei meiner kürzlich geschriebenen Seminararbeiten im Web parkiert. Das Paper, in welchem ich die Geograpie mit meinen ehemaligen Minors Philosophie und Wirtschaftswissenschaften verknüpfe, befindet sich hier. Eine kurze Arbeit zu Stadtentwicklung in den USA lässt sich hier beziehen. Beide Dateien lassen sich auf der verlinkten Seite bequem herunterladen.

Vielleicht wird die Geographie durch die Lektüre dieser beiden kurzen Seminararbeiten etwas klarer...

Sonntag, 10. Januar 2010

Sound of Berlin

Wenn ich heute schon von 'Techno und Berlin' erzählt habe, möchte ich gleich noch eine neue Playlist - die Musik zum Buch wenn man so will - nachtragen:

1. STL - A Beautiful Mind
2. Sigha - Untitled #2
3. Function - Varience (CH-Signal Laboratories Edit)
4. Jens Zimmermann - A
5. Julius Steinhoff - Something like Wonderful
6. Ethyl & Flori - Tanqueray
7. Christian Burkhardt- Shui (Rick Wade Remix)
8. IKE - Free to Fly
9. Instra:Mental - Leave it all Behind
10. Kadebostan - Love in Looxor

Die Reise startet sehr gedämpft in Dubtechno-Gefilden. In diesem langsamen, trägen Zustand - entsprechend der eingeschneiten Berliner Stadtlandschaft und der kalten, lähmenden Temperaturen - geht es mehr oder weniger in diesem Stil weiter. Der dritte, etwas derbere Track von Function ist dabei eine Reminiszenz an das im letzten Post erwähnte Berghain. Mit Julius Steinhoff auf dem wunderbaren Hamburger Musiklabel 'Smallville Records' tauchen wir danach ein in den HOUSE. House ist, natürlich gemeinsam mit spröd-trockenem Techno, zurzeit die Musikrichtung, auf die sich wohl fast ganz Electronic-Berlin einigen kann. Abgeschlossen wird die Reise mit etwas abseitigeren, innovativen Klängen. Einzelne nennen es auch 'next-level-music'... Vieles davon kommt von der Insel, so zum Beispiel auch Instra:Mental.

Man mag sich fragen weshalb ich solche Dinge ins Blog schreibe. Nun, einer der Hauptgründe, weshalb ich nach Berlin gezogen bin und weshalb mich diese Stadt so fasziniert, ist die elektronische Musik und deren menschliches und architektonisch / städtebauliches Umfeld. Deshalb sollen diese Musiklisten in einer gewissen Weise 'Zeitzeugen' dafür sein, wie ich Berlin (akustisch) wahrnehme.

Wer sich also ein Bild der Stadt machen will: Die oben genannten Tracks sind käuflich. Beispielsweise bei iTunes oder Beatport. Allesamt passen sie wiederum auf eine CD.

Techno und Berlin

Der Januar steht in meinem Fall insbesondere unter dem Einfluss der Anfang Februar stattfindenden Klausuren. Deshalb besteht meine Lektüre zurzeit vor allem aus Statistikbüchern und Skripten zu Geoinformatik. Umso mehr erinnere ich mich gerne zurück an die Zugfahrt von Berlin in die Schweiz. Auf dieser etwa 11-stündigen Fahrt widmete ich mich nämlich fast gänzlich dem folgenden Buch:


Bei Suhrkamp, dem Verlag dieses Werks von Tobias Rapp, schreiben sie diesbezüglich: "Techno ist tot, zumindest offiziell. In Wirklichkeit waren elektronische Musik und die nächtliche Subkultur des Ausgehens – jenseits von sozialen Utopien und Love Parade – nie kreativer und interessanter als heute. Und nie so an einem Ort konzentriert: Jedes Wochenende bevölkern junge Leute aus ganz Europa ein paar Kilometer am Berliner Spreeufer; sie kommen mit Billigfliegern und bleiben nicht selten, bis die letzte After Hour nach Tagen fast wieder ins nächste Wochenende mündet..."

Ob diese 'Subkultur des Ausgehens' tatsächlich nie kreativer und interessanter war als heute wage ich zu bezweifeln. Die Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung mit den Entwicklungen im Tresor und anderen berühmten Clubs jener Epoche war bestimmt nicht minder spannend. Nichtsdestotrotz würde ich jedoch sicherlich der Behauptung zustimmen, dass Berlin der Nabel der zeitgenössischen Technowelt ist. Dies kommt in diesem meines Erachtens empfehlenswerten Buch denn auch deutlich zum Vorschein. Schön ist dabei insbesondere auch die Liebeserklärung des Autors an das Berliner Nachtleben und insbesondere natürlich an dessen Epizentrum, das Berghain.

In diesem Zusammenhang sagt Rapp in der aktuellen Ausgabe des De:Bug (Nummer 139) zudem: "Das Berghain würde ich (...) mit der Berliner Philharmonie vergleichen. An diesen beiden Orten kann man in Berlin am schönsten Musik hören. Und ich habe auch den Eindruck, dass es tatsächlich eine ganze Reihe von Leuten gibt, die sowohl ins Berghain als auch in die Philharmonie gehen." Stimmt, ich bin einer davon!

Doch zurück zum eigentlichen Gegenstand dieses Blogeintrags. Was für mich an 'Lost and Sound' nun zusätzlich interessant ist, sind die vom Autor gemachten Verbindungen zu stadtgeographischen Themen wie die Zwischennutzung von Gebäuden und Flächen, zur Stadtplanung oder aber auch zu Investoren und deren Bedürfnissen. Dies macht das Buch nicht nur für diejenigen spannend, die sich für elektronische Musik und junge Ausgehkultur interessieren, sondern auch für städtebaulich - generell und in Bezug auf Berlin im Speziellen - affine Zeitgenossen. Das Buch ist zudem in einer Sprache geschrieben, welche die Lektüre sehr einfach und angenehm gestaltet.

Sonntag, 3. Januar 2010

Weihnachten in der Schweiz

Jetzt, in der Ferne lebend, realisieren wir noch mehr, wie schön es in der Heimat ist. Eine alte Erkenntnis, ich weiss. Aber trotzdem: die Rückreise nach Berlin am 1. Januar 2010 fiel uns nicht sonderlich leicht. Zu lustig war es mit den Freunden, zu gemütlich und herzlich im Kreise der Familien. Und zu angenehm das simple Leben in der Schweiz.

Zurück in Berlin kämpfen wir erstmal mit einem hoffentlich kurzen "Durchhänger". Können wir nicht alles, was wir hier haben, auch zu Hause haben? Und dies vielleicht sogar noch besser? Was bringt das Studium fernab der Heimat? Wird Berlin nicht allzu sehr gerühmt und für "ach so cool und aufregend" befunden? Denn: Wer braucht das schon länger als ein paar Wochen?

Immerhin: Der Neustart wird uns durch weisse Stadtlandschaften versüsst. Und gestern Abend haben wir gemeinsam noch Berliner Neujahr gefeiert. Mit einer Flasche Rotkäppchen Sekt und der so stilvollen wie unterhaltsamen Serie "Californication" auf DVD.

Morgen nimmt die Universität wieder den Betrieb auf und wir starten in eine intensive Zeit mit Klausuren, Blockseminaren und schriflichen Arbeiten. Auf gehts 2010!